Am vergangenen Sonntag besuchten wir zum zweiten Mal den westlichen gelegenen Teil der Hauptinsel (Derrit). Der Ort heißt Laura. Dort haben wir den „Councilman“ Jina David getroffen. Mark ist ein guter Freund von Jina, der uns dank dieser Verbindung die Gelegenheit bot, ihn persönlich kennenzulernen.
Nach einer 45-minütigen Autofahrt sind wir angekommen. Laura ist, wie bereits in einem älteren Post beschrieben, ein sehr grüner Ort mit einer üppigen Vegetation. Die ist auch auf Jina Davids Grundstück – oder besser gesagt, dem seiner Frau – der Fall. Hier ist es üblich, dass die Frauen die Grundstücke erben und verwalten und somit ist ein Großteil der wāto schon immer im Besitz von Frauen. wāto hat in diesem Kontext eine ähnliche Bedeutung wie Grundstück. Auf der Terrasse staunten wir nicht nur über die Aussicht auf die Lagune und den Garten, sondern gönnten uns auch eine köstliche frische Kokosnuss aus seinem Garten.
In entspannter Atmosphäre plauderten wir über Jinas politischen Werdegang und seine aktuellen politischen Tätigkeiten. Wir hörten gespannt zu, wie er über seine Projekte in Laura sprach.
Zum Beispiel über das Community- Center, welches er in seiner ersten Amtszeit aufleben ließ. Das Community-Center ist ein Ort, in dem alle zusammenkommen können, wo Workshops veranstaltet werden oder Veranstaltungen ablaufen. Hier können auch Stühle, Tische und Kühlboxen ausgeliehen werden. Dies ist alles kostenlos für die Menschen, sie müssen sich nur anmelden.
Sein Herz schlägt im Einklang mit den Bedürfnissen der hier lebenden Menschen. Beliebt ist er sowieso – nicht nur, weil er seine Arbeit gewissenhaft verrichtet, sondern auch, weil seine Frau eine sehr angesehene Person ist. Ohne sie wäre seine politische Karriere vermutlich sehr anders verlaufen.
Trotz der Wahlen, die schon morgen anstanden, konnten wir bei Jina nicht die üblichen Wahlplakate sehen. Warum? Nun, er ist der Einzige, der sich für das Amt des „Councilman of Laura“ aufstellen lassen hat. Das liegt nicht daran, dass es keine anderen Interessenten für den Posten gibt. Jina David macht diese Arbeit schon seit 8 Jahren und das mit unvergleichbarem Erfolg. Dies spiegelt sich auch in der Unterstützung, die er von den Wählenden bekommt, wider. Deshalb hat es niemand erst versucht gegen ihn anzutreten. Es ist sehr selten, dass es keine Gegenkandidaten gibt. In der Republik Marschallinseln ist es bei den Lokalwahlen so, dass in dem Fall, dass sich nur eine Person aufstellen lässt für ein Amt, diese automatisch als gewählt gilt.
Er hat mehrmals betont: Ohne meine Frau (Martha) wären all seine politischen Abenteuer und Erfolge undenkbar.
Die Frage, ob er sein politisches Engagement ausdehnen möchte, wurde bejaht. Doch nicht auf dem Majuro Atoll. Er sprach von der Insel Wotje, wo er aufwuchs. Mittlerweile leben auf Wotje 350-400 Menschen. Dort möchte er den Ausbau der technischen Infrastruktur und der Versorgungsstruktur vorantreiben.
Ihm wurde bereits eine höhere Stelle hier auf dem Majuro Atoll angeboten, aber diese lehnte er ab. Seine Arbeit und sein Engagement wird auf Wotje dringender gebraucht. In Laura hat er bereits die ersten politischen Schritte gemacht und sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass es eine positive Entwicklung gibt. Nun können andere den politischen Marathon weiterrennen, während er sich aufmacht, anderswo Menschen zu helfen und ihnen zukunftsorientierte Perspektiven mitzugeben.
Neben diesen generellen Themen haben wir auch noch über seine Projekte in Laura gesprochen. Diese beinhalten unter Anderem:
Ein Projekt, dass die Bewohnenden über die traditionelle Landeseinteilungen und Namensgebung informiert. Die einzelnen Abschnitte heißen, wie bereits erwähnt wāto und durch hübsche Schilder, die die ursprünglichen Namen festhalten soll, einerseits an das traditionelle Landbesitzsystem erinnert werden und andererseits Kommunikation, zum Beispiel mit den Rettungsdiensten, verbessert werden. Laut Jina ist das Projekt ein großer Erfolg und wurde von anderen Teilen des Atolls übernommen.
Dank Jina gibt es auf jeden Landesabschnitt einen Müllbehälter, der täglich von dem Müllunternehmen auf der anderen Seite der Insel, geleert wird. Vorher wurde Müll oft in der Natur „entsorgt“. Das Problem bestand maßgeblich darin, dass Laura weit abseits der Strecken liegt, die das Unternehmen bereits abfuhr. Jina ist das Probleme direkt am Keim angegangen und schafft es das Unternehmen zu überzeugen, Mitarbeiter*innen dafür zu bezahlen, dass sie die blauen Säcke, direkt auf dem Weg zur Arbeit mitnehmen. Einige der Angestellten leben in Laura. Außerdem erklärte er uns noch, wie die Müllbehälter, die er mitentworfen hat, funktionieren.
Anschließend machten wir uns mit seinem Pick-Up-Truck auf den Weg zum Laura Beach. Freundlicherweise durften wir auf der Ladefläche mitfahren, was uns sehr freute – eine lokale Aktivität, die wir gerne erlebt haben.
Auf dem Weg zeigte er uns noch die bunt gestaltet Wand an der Laura Highschool. Die von den Schüler*innen bemalte Wand zeigt verschiedene Geschichten und Legenden, welche über Generationen hinweg weitererzählt werden. Weiter Abschnitte zeigen auch traditionelle Werkzeuge, Waffen oder Handwerkskünste, die heute nur noch wenig verbreitet sind. Laut Jina findet man die Meisten nur noch auf den kleineren, abseits der großen Inseln gelegenen Atolls, in täglicher Nutzung.
Nach einem erfrischenden Bad an dem Punkt, wo der offene Ozean in die Lagune übergeht, also an einem Punkt, wo die Insel Darrit, welche die größte des Majuro Atolls ist, zu Ende geht. Der Sandstrand unter unseren Füßen war einfach herrlich und etwas; was wir hier bisher noch nicht erlebt haben, da die Insel sonst eher Riffstrände hat, die aus versteinerten korallen bestehen.
Dann kehrten wir zu Jina zurück. Als Abschluss gab es ein vorzügliches Essen, zubereite von Martha. Neben Fisch, Hühnchen und Gemüse gab es ein Dessert aus iu. Dies ist das innere einer bereits gekeimten Kokosnuss. Selbst die Vegetarierin und die Veganerin konnten nicht widerstehen.
Auf den Marschallinseln ist es üblich, dass die Gäste und die Gastgeber*innen etwas zum Mahl beitragen. Unser Beitrag bestand aus kalten Getränken. Nach dem Essen tauscht man dann das was übriggeblieben ist. Das heißt, dass wir mit einer Kühlbox voller Kokosnüsse den Heimweg angetreten sind.